Deutsche Forschungsgemeinschaft bewilligt Freier Universität einen neuen Sonderforschungsbereich SFB 1449 "Dynamische Hydrogele an Grenzflächen" und verlängert SFB 1078 "Proteinfunktion durch Protonierungsdynamik"
News from Nov 27, 2020
Quelle der ursprünglichen Meldung: Pressemeldung Nr. 230/2020 vom 27.11.2020 (Bearbeitet von Achim Wiedekind)
Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) hat einen Sonderforschungsbereich (SFB) in Sprecherschaft der Freien Universität neu bewilligt und einen weiteren verlängert. Sprecher des neuen SFB 1449 ist der Chemiker Prof. Dr. Rainer Haag; erforscht werden im Bereich der Atemwege und des Darms Dynamische Hydrogele an Biogrenzflächen. Im verlängerten SFB 1078 wird die Funktion von Proteinen über die Protonierungsdynamik erforscht; Sprecher ist Prof. Dr. Joachim Heberle. Die Förderung der Projekte beginnt am 1. Januar 2021, die Laufzeit beträgt vier Jahre.
Details zum neu bewilligten SFB 1449 „Dynamische Hydrogele an Biogrenzflächen“
Hydrogele bestehen aus wasserquellbaren Polymeren, die einen hohen Anteil an Wasser binden können. Im Sonderforschungsbereich „Dynamische Hydrogele an Biogrenzflächen“ wollen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler bezogen auf die Atemwege und den Darm die wichtigsten physikalisch-chemischen Faktoren bestimmen und die schützenden Funktionen von Hydrogelen an biologischen Grenzflächen untersuchen. Damit sollen neue Ansätze bei der Entwicklung neuer therapeutischer Strategien bei Lungen- und Magen-Darm-Erkrankungen definiert und ermöglicht werden. An dem neuen SFB beteiligt, sind Forscher der Freien Universität Berlin (FUB), der Humboldt Universität zu Berlin (HUB), der Charité - Universitätsmedizin Berlin (Charité, als gemeinsamer medizinischer Fakultät der FUB und HUB), der Technischen Universität Berlin (TUB), dem Leibniz-Institute for Molecular Pharmacology (FMP), Berlin, dem Max Delbrück Center for Molecular Medicine (MDC), Berlin, dem Max-Planck-Institute of Colloids and Interfaces (MPI-CI), Berlin/Potsdam, und dem Zuse Institut Berlin (ZIB).
Das übergeordnete Ziel des SFB ist die Bestimmung und Untersuchung der wichtigsten physikalisch-chemischen Parameter, die die schützende Hydrogelfunktion an biologischen Grenzflächen im gesunden Zustand charakterisieren. Darüber hinaus sollen Krankheitsanomalien definiert werden mit dem Ziel, neue Ansätze für therapeutischer Strategien zu entwickeln. „Um dieses ehrgeizige Ziel zu erreichen, werden wir eine detaillierte Analyse der physikalischen, chemischen und biologischen Eigenschaften von synthetischen und nativen Hydrogelen, – also Schleim und Glykokalyx, durchführen“, erklärt der Sprecher des SFB Professor Rainer Haag. „Wir konzentrieren uns auf die einzelnen und kombinierten Beiträge der Hydrogelkomponenten und ihren funktionellen Einfluss auf die Oberflächen der Lunge und des Darms, die die größten von Hydrogelen bedeckten Biogrenzflächen im menschlichen Körper darstellen.“ In diesem Zusammenhang werden drei Indikationen untersucht: zystische Fibrose (Mukoviszidose) als chronische muko-obstruktive Lungenerkrankung, die durch abnorme viskoelastische Eigenschaften des Schleims in den Atemwegen ausgelöst wird, akute Atemwegsinfektionen, die durch Bakterien und Viren verursacht werden. und entzündliche Darmerkrankungen, ein chronischer Krankheitszustand, der mit einer abnormen Schleimzusammensetzung im Gastrointestinaltrakt einhergeht.
Sprecher: Prof. Dr. Rainer Haag, Sonderforschungsbereich 1449 der Freien Universität Berlin, Fachbereich Biologie, Chemie, Pharmazie, Telefon: 030 / 838-52633, E-Mail: rainer.haag@fu-berlin.de
Details zu verlängertem SFB 1078 "Proteinfunktion durch Protonierungsdynamik"
Am verlängerten SFB 1078 sind neben der Freien Universität, der Technischen Universität und der Humboldt-Universität auch die Charité – Universitätsmedizin Berlin und das Leibniz Institut für Molekulare Pharmakologie (FMP) beteiligt sowie außerhalb Berlins jeweils eine universitäre Forschungsgruppe in Gießen, Dresden und an der Hebrew University in Israel. Der SFB 1078 wird für weitere vier Jahre mit insgesamt mehr als zehn Millionen Euro gefördert.
Die Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen der Physik, Biologie und Chemie erforschen die grundlegende Rolle der Bewegung von Wasserstoffionen (Protonen) für die Funktion von Proteinen, also bei den essenziellen biologischen Makromolekülen, die aus Aminosäuren zusammengesetzt sind und nicht nur in Muskeln den größten Teil der lebensnotwendigen Funktionsaufgaben wahrnehmen, sondern in allen Zellen. Sprecher des SFB ist der Biophysik-Professor Joachim Heberle von der Freien Universität.
Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler wollen im Rahmen des SFB die Arbeitshypothese bestätigen, wonach das Funktionieren komplexer Proteine auf der atomaren Ebene über Protonierungsdynamik koordiniert wird, also über die Bewegung von Protonen in Netzwerken von Wasserstoffbrücken. Um ihre Theorien durch Experimente und Berechnungen exemplarisch zu prüfen, wurden die vier bisher untersuchten Proteine um eine weitere Klasse von Proteinen erweitert.
Dabei befassen sich die Forscherinnen und Forscher mit der Cytochrom-c-Oxidase, dem mitochondrialen Atmungsferment, das den eingeatmeten Sauerstoff umsetzt und daraus einen Protonengradienten über der Zellmembran erzeugt, der wiederum zur Synthese von ATP (Adenosintriphosphat) verwendet wird. Der Sauerstoff in der Erdatmosphäre wird durch Wasserspaltung erzeugt, ein Prozess, der durch das photosynthetische Protein Photosystem-II katalysiert wird. Erforscht wird zudem das Phytochrom, ein weit verbreiteter Photorezeptor, der in Pflanzen unter anderem die Keimung und Blütenbildung auslöst. Eine weitere Klasse von lichtgetriebenen Proteinen stellen die mikrobiellen Rhodopsine dar, die Ionen über die Zellmebran transportieren können. In der sogenannten Optogenetik finden diese neuartige neurobiologische Anwendung, um zelluläre Reaktionen mittels Licht, sozusagen ferngesteuert, auszulösen. Als neue Proteinklasse hat der SFB 1078 virale Protonenkanäle in seine Forschungsarbeit aufgenommen. Diese Proteine spielen eine zentrale Rolle bei der Infektion mit Dengue- und West-Nil-Viren, womit die entsprechenden Fieberkrankheiten ausgelöst werden. In all diesen biomedizinisch und bioenergetisch relevanten Proteinen soll exemplarisch herausgestellt werden, inwieweit die Bewegung der Protonen generell entscheidend für die Funktion von Proteinen sein kann.
Sprecher: Prof. Dr. Joachim Heberle, Sonderforschungsbereich 1078 der Freien Universität Berlin, Fachbereich Physik, Arnimallee 14, 14195 Berlin, Telefon: 030 / 838-56161, E-Mail: joachim.heberle@fu-berlin.de
Vollständige Pressemeldung Nr. 230/2020 vom 27.11.2020 der Freien Universität Berlin